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SprachenWeb


Sprachenweb

Kulturvermittlungsformat, Konzept, Methode,   Spiel, Choreographie, Protokol ...


gründet in der Idee des Sprachenwebens mittels linguistischer Gastfreundschaft im Lebenswelt  europäischer Sprachenlandschaft, bestehend aus mehr als 200 Sprachen  [1].

Diese Ressourcen wurden von der Europäischer Union als geteiltes Kulturgut europäischer Völker in der Vielfalt aus Expressisonsformen anerkannt,  und im Jahr 2001, dem Europäischen Jahr der Sprachen auf eine Initiative des Europarates wurde diese Vielfalt unter dem Motto "In Vielfalt geeint"  zum jährlichen Feier des des  Europäischen Tag der Sprachen (ETS)[2]  eingeführt


Die allgemeinen Ziele des Europäischen Tag der Sprachen sind, auf Europas reiche sprachliche und kulturelle Vielfalt aufmerksam zu machen, um Mehrsprachigkeit zu begünstigen und interkulturelles Verständnis zu unterstützen um somit zu Wertschätzung aller Sprachen und Kulturen beizutragen, den Menschen die Vorteile von Mehrsprachenkenntnissen bewusst zu machen, die individuelle Mehrsprachigkeit zu fördern und die Menschen in Europa zum lebensbegleitenden Lernen von Sprachen zu motivieren.

[3]


Sprachen sind ein wesentliches Medium menschlicher Lebenspraxis. Gesprochen, geschrieben, gedacht, gesungen, … füllen sie die Lebensräume in all ihrer Varietät.

In der gegenwärtigen digitalen Landschaft gelingt die Begegnung mit diversen Sprachen und Menschen viel einfacher, als in der reale Welt.

Mittels Übersetzungstools werden sekundenschnell die Texte in diversen Sprachen übersetzt, digitale Stimmübersetzung ermöglichen die zwischenmenschliche Kommunikation ohne jew. Sprachenkenntnisse.


Sprachen gehören zum kulturellen Gut und werden als Ressourcen für soziale Lebenspraxis geschützt und zugleich, weiterentwickelt.

Digitalisierungsprozesse ermöglichen Hierzu wird der Frage nachgegangen, wie der nachhaltige Umgang mit sprachlicher Vielfalt gelingen kann.

Ausgehend von sozialer Säule im Nachhaltigkeitsbegriff, werden hier die intersubjektiven Beziehungen zu und innerhalb von diversen Sprachenlandschaften, sowie der Umgang mit Sprachen als Ressourcen reflektiert.


Wie kann es gelingen, dass viele Sprachen näher kennen gelernt werden, so dass ihre Formen, Klänge und Begriffe an-geeignet und verinnerlichet, ja geliebt werden können? Und, was passiert im Moment der Translation, wie gelingt die „shift“ aus einer Sprachenwelt in die andere?

In seinen Werken "The Rule of Metaphor und in "Time and Narrative", vol. 1, spricht Paul Ricoeur über die Produktivität linguistischer  imagination  “that generates/regenerates meaning through the power of metaphoricity by way of stating things in novel ways and, as a consequence."  Ricoeur (1984)


Meine Untersuchungen und Beobachtungen darüber, wie die Annäherungen an diverse Sprachen mittels gewählter Begriffe in einem geeinten Kontext gelingen kann, habe ich in einem Seminar für Tanzstudierende an der Martha Graham Schule in NYC während meiner Studienzeit in der Form einer Performance lecture

#Pioggia~Kiša^~Regen ... verfasst.

Insbesondere ginge es mir dabei darum, auf die Wirkungsmacht von imaginären Bildern, Stimmungen, auch Ängsten (wie z.B die Xenoglossophobie) welche beim Aussprechen oder beim Hören von diversen Sprachen hervortreten, mit imaginären oder realen Ereignissen, Menschen, Geschichten und Landschaften, zu verbinden. Auf dieser Weise konnte manches „Unmut“ in die Sympathie umwandelt werden,  manche Sprachen und mit diesen Sprachen verbundenen Lebens-und Kulturwelten wurden vertrauter erlebt, der persönlicher Zugang mittels artikulatorischer Phonetikübungen kombiniert mit Gesten und mit Ganzkörperbewegungssequenzen, wurde erlangt.


Rückblickend auf die zahlreichen Projekte im Bereich der Bildung, der Kunstperformance und Kulturdiplomatischer Veranstaltungen, scheint mir die Wahrnehmung des „Selbst im Kontext“ beim Erkennen von individueller Verwobenheit mit diversen Sprachen, Menschen und Landschaften als wesentlicher Anknüpfungspunkt an das Motto „In Vielfalt geeint“, Europäischer Tag der Sprachen.



In einem Interview meinte Umberto Eco, dass ´Europa durch die Vielfalt der Sprachen bedroht ist und dass es nichts nutzen wird, eine einzige Sprache zu übernehmen, sich besser zu verstehen.´ Weiter meinte Eco hierzu, dass nur „schreckliche Missverständnisse dadurch erschaffen werden und schlägt eine Geistigen Vielsprachigkeit vor, denn „Europa hat das Potenzial, sowohl linguistisch als auch geistig polyglott zu sein. Die Geistige Vielsprachigkeit besteht im Versuch zu verstehen, wie andere Kulturen denken.“[8]


Mit dem Begriff der ‚geistige Vielsprachigkeit‘ nach Eco, wird der Gedanke L. Wittgenstein „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meine Welt“ verknüpft, da Wittgenstein hier auf eine enge Verbindung von Sprache und Denken, damit also einem Verstehen der Welt durch ein Subjekt („meine Welt“) hinweist.

Wittgenstein betont, dass „das Sprechen der Sprache ein Teil (...) einer Tätigkeit, oder einer Lebensform (ist)“.[9]


Anders als Wittgenstein, denkt der Soziologe Norbert Elias die Sprache-n im pluralen Kontext und beschreibt die Sprachen als „prototypische Modelle sozialer Tatsachen.

Sie setzen nicht nur die Existenz eines Akteurs, sondern einer Gruppe von mindestens zwei oder mehreren handelnden Menschen voraus.“[10]

Dabei kann der Mensch nur in Interaktionsverflechtungen vieler Personen leben. Er ist von Anderen abhängig und kommt deshalb nur in Pluralität vor. Der Mensch ist zwangsläufig auch mit der Natur verknüpft, was sich auf sein Handeln, Denken und Fühlen auswirkt. Er wirkt umgekehrt auf die Natur ein und bildet so Gesellschaft.[11]

Sie setzen nicht nur die Existenz eines Akteurs voraus, sondern einer Gruppe von mindestens zwei oder mehreren handelnden Menschen. Sprachen fördern und benötigen zugleich einen gewissen Grad an Gruppenintegration“[12]


Wo-durch kann die Transition aus subjektiver Sprachenwelt in einer mehrsprachigen Landschaft gelingen?

 

In Begegnungen mit unterschiedlichen Sprachen, öffnen sich also die Grenzen des Denkens,

des Fühlens und des Handelns. Die vorhandenen Muster, welche in einer Sprachwelt eingeprägt sind, werden mit neuen Ausdrucksformen verknüpft, diverse Strukturen, Formen, Farben und Klänge verweben sich und bilden neue Sprachenlandschaften. Mittels sinnlicher Wahrnehmung von Sprachen werden die Verknüpfungen mit Räumen, Objekten und Kulturen eingeleitet, sodass sich der Blick schließlich auf drei Ebenen bewegt, nämlich auf jenen, um „etwas zu sehen, etwas als etwas zu sehen und etwas in etwas zu sehen.“[13]

 

Die Vorstellung von Sprachenlandschaften kam mir vor ca. 28 Jahren, als ich beim Amt der NÖ Landesregierung in meinem Auftrag im Bildungsbereich[14]  nach Möglichkeiten und Methoden forschte, wie soziale Integration mittels Spracherwerbs und Förderung von mehrsprachigen Kompetenzen bei Kinder und Erwachsenen gelingen kann. Über 26 % aller Schülerinnen und Schüler in Österreich verwenden im Schuljahr 2017/18 in ihrem Alltag neben Deutsch eine weitere Sprache.[15]  Zudem habe ich meinen Blick aus sprachenwissenschaftlichen und pädagogischen Ansätzen hinaus in das Feld der Künste ausgeweitet, wo ich mich selbst sicherer fühlte. Vielfältige Expressionsformen-und Kommunikationsarten sind mir aus meiner Tanzpraxis umgänglich. So habe ich die mehrsprachige Landschaft aus Verwebungen von diversen Sprachen und Kulturen, Expressionsformen und Kommunikationsarten in einem gemeinsamen Ganzen, „Einen, aus vielen einen“ als chorographische Tanzkomposition konstruiert.  „SprachenWeb“ besteht aus Verknüpfungen und bildet die Sprachenlandschaft.

 

Landscape~ Landschaft

 

Der Begriff ‚Landscape’[16]gründet im Konzept der scapes (Landschaften), die auch als „dimensions of global cultural flows“ verstanden werden können. Diese Landschaften sind die Bausteine von "imaginierten" oder "vorgestellten" Welten: "… worlds that are constituted by the historically situated imaginations of persons and groups spread around the globe".

Die imaginierte Landschaft denke ich hier im Begriff der Sprachenlandschaft. Das imaginäre eröffnet eine Dimension der Wirklichkeit mittels sinnlicher Erscheinungen.

 

Sinnliche Auffassung von Landschaft beschreibt Prof. Dr. Hans Dieter Bahr in seinem Werk „Landschaft: Das Freie und seine Horizonte“[17]  und spricht von den Seinsweisen landschaftlicher Räume: „ (…) Durch eines jedoch überschreiten landschaftliche Erscheinungen allemal die der Länder und der menschlichen Anliegen: sie öffnen sich zu wechselnden Horizonten, die sich im widerstreitenden Zustimmen der Seinsweisen des Raumes zeigen: von der Nähe zur Ferne, von der Niedrigkeit zur Höhe, der Enge zur Weite, der Fläche zur Tiefe, der ›Heimat‹ zur ›Fremde‹… - widerstreitend zu. Dieses "strittige einander Zustimmen (...) macht das Freie der Landschaft in ihren Erscheinungen aus. (…) Das aber leistet keine Geographie, sondern eher ihre malerische, musikalische und dichterische Darstellung sowie philosophisches Denken."


Eine malerische Vorstellung von Landschaft kann hierzu im Werk von dem in Österreich/Wien geborenen internationalen Künstler und ökologischen Aktivsten Friedensreich Hundertwasser angeleitet werden


„Die Bilder sind für mich Tore, die es mir ermöglichen, wo es mir gelungen ist, sie aufzustoßen in eine Welt, die uns gleichzeitig sehr nah und sehr fern ist, wo wir keinen Zutritt haben, in der wir uns befinden, aber die wir nicht wahrnehmen können (…).“18]


Die geeinte Sprachenvielfalt wurde erst mittels mehrsprachig beschrifteter Plakate und Begriffssammlungen auf einem, aus bunten Papierstreifen und Sprechtropfen gestalteten SprachenBaum anlässlich der Feier des Europäischen Tag der Sprachen in Bildungsinstitutionen gemeinsam mit pädagog. Personal, Familien und Kinder kreiert. Diese Sammlungen wurden im Eingangsbereich jew. Bildungsinstitution ausgestellt. Bei kreativen Workshops wurde die mehrsprachige Landschaft weitererforscht und mit artikulatorisch-phonetischen Sprachenspielen, Storytelling Sessions, mit Tanz und Musik, wurden die Familiensprachen, Nachbarsprachen, Urlaubssprachen, bekannte und weniger bekannte Sprachen in ihrer Vielfalt näher kennengelernt, Deutsche Sprache wurde dabei als eine gemeinsame Lebens-und Bildungssprache stärker verinnerlicht.


[1]
Vgl.,weitere Info: https://www.goethe.de/prj/ets/de/index.html

[2] Weblink, Info: https://www.coe.int/de/web/portal/26-september-european-day-of-languages

[3] https://www.coe.int/de/web/portal/26-september-european-day-of-languages

[4] Anm. der Verf. Anknüpfend an die Jacques Derridas Theorie, die Philosophie und Semiotik umfasst, „jeder Abschnitt wird mehrere Konzepte enthalten, da viele von ihnen eng miteinander verwoben sind und es unmöglich ist, ein Konzept zu definieren, ohne die anderen zu berücksichtigen“.

[5] „Weder theoretische noch praktische Vernunft könnten für eine Brückenbildung aufkommen, allenfalls ein kunstvolles Interchangieren sei möglich und müsse sich einer „ästhetischen“ Urteilskraft bedienen, für die wesentlich sei, fortwährend auf Regelsuche für ihre eigene Operationsweise zu sein. Bekannt unter anderem dafür wurde das Bild der Kreuzfahrt in einem zerklüfteten Archipel.(…)“ Vgl. in: Diez, S. 474.

[6]Anm. der Verf. Elias versteht unter einer Figuration ein dynamisches soziales Netzwerk oder Beziehungsgeflecht von untereinander abhängigen Individuen. Diese Beziehungen zwischen den Menschen sind nach Elias das Wesen jeder sozialen. Siehe mehr: Norbert Elias: Was ist Soziologie?, Weinheim: Juventa, 2004, pp. 139–145

[7] Quelle: Eco, Umberto: „Einführung in die Semiotik“ (8. unveränd. Aufl) München: Fink 1994, S. 38.


8) Quelle, Weblink ht


t

ps://philomag.de/eco-sprache-revolution/

[9] In: Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen, § 23

[10] Vgl in: Elias, N. (1989a, b, c): The Symbol Theory: An Introduction Theory, Culture and Society 6 (2, 3, 4), b: 339-383, c: 499-53

[11] Baumgardt, Ralf/ Eichener, Volker: Norbert Elias zur Einführung. S. 108.

[12] Vgl in: Baumgardt, Ralf/ Eichener, Volker: Norbert Elias zur Einführung. S. 108.

[13] Vgl. Martin, Seel (2003): Die Ästhetik des Erscheinens. Suhrkamp

[14] Weitere Erl. Von Verf.

[15] Weblink: https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulpraxis/ba/sprabi/msmuib.html

[17] Buch L Weblink: https://www.amazon.com/Landschaft/dp/3495485996 S.265

[18]  http://www.hundertwasser.at/deutsch/hundertwasser/hwueberhw.php



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Tatjana Christelbauer KunstBildungVermittlung